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Doris Hahlweg - Atelierbesuch

Wenn ich Doris Hahlweg in ihrem Atelier bei der Arbeit erlebe, wird sofort die zielstrebige Leichtigkeit ihrer Arbeitsweise spürbar. Doris Hahlweg beherrscht ihr Handwerk, sie ist eine wahre Virtuosin der Materialkunde.
Den Fokus ihrer Arbeit richtet Doris Hahlweg auf die geistige Auseinandersetzung mit Farbe, es geht ihr um das Ausloten verschiedenster Aspekte im Zusammenspiel von Farbklängen. Dabei entsteht in jedem Bild ein kühner, zuweilen auch leiser Dialog zwischen Farbflächen und rhythmisierten Linien.
Doris Hahlweg wagt sich mit jedem Bild in unbekanntes Terrain vor und übersetzt ihre malerische Vermessung der Welt in eine universelle Sprache der Farbe. Dabei stehen die Präzision der Farbsetzung und der lyrische Gesamteindruck in einem erstaunlichen Gleichgewicht. Ich habe bei Doris Hahlwegs Bildern nie das Gefühl, die reine Poesie der Farbe überwiege, es gibt immer ein Gegengewicht von kühler Kalkulation, das den Bildern ein Vibrato zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit verleiht.
Die Wahl bestimmter Materialien weist in die Richtung wohl kalkulierter Klarheit des künstlerischen Willens. Neutrale, dünne, geradezu kalte Aluminiumplatten, welche die Materialität des Bildträgers auf ein Minimum reduzieren und gleichzeitig nicht mit einer eigenen Haptik von der Wirkung der Malerei ablenken, sind die Basis von Doris Hahlwegs Kunst. Dieser minimale Materialeinsatz unterstützt die Konzentration auf das Wesen der Malerei. Auch der Einsatz von Ölfarbe ist bewusst gewählt, da die Ölfarbe sich beim Trocknen nur wenig in ihrem Farbeindruck verändert und somit stets in ihrer Wirkung kalkulierbar bleibt. Nichts ist zufällig in Doris Hahlwegs Bildern, selbst dünne Farbrinnsale, die einen Teil des Bildes herunterlaufen, sind wohlgesetzte lineare Kontrapunkte zu monochromen oder mehrschichtigen Flächen. Der Zustand, in dem wir Doris Hahlwegs Bilder sehen, erzählt uns von ihrer Entstehungsgeschichte. Dadurch erreichen die Bilder ein nobles und autarkes Selbstbewusstsein, das auch ein wenig das Wesen der Malerin erahnen lässt. Als wären sie unabhängig vom Urteil des Betrachters, strahlen diese Bilder eine selbstverständliche Gelassenheit aus.
Doris Hahlweg blufft nicht, sie spielt immer mit offenen Karten. Ihre Bilder sind vielschichtige Kompositionen, deren Farbfelder wie übereinander gelegte transparente Folien den Lauf der Zeit kommentieren. Selbst ein reines, deckendes monochromes Zinnoberrot erzählt an den Rändern von den Schichten darunter. Diese malerischen Ebenen sind stets erkennbar oder zu erahnen, sie künden vom Werdegang des Bildes. Diese erzählerische Qualität verbunden mit der klaren Struktur eines Versmaßes geben den Bildern einen lyrischen Rhythmus, der ihre Farben zum Klingen bringt. Doris Hahlwegs Bilder haben eher die Form von poetischen Kurzgeschichten als von epischen Erzählungen oder, um bei den musikalischen Anspielungen zu bleiben, ihre Kunst gleicht mehr der Kammermusik als dem großem Orchester.
Ihre für uns Betrachter nachvollziehbare Vielschichtigkeit gibt den Bildern erzählerische Tiefe. Die Ehrlichkeit im Umgang mit dem schon Geschehenen zeugt von der Integrität des künstlerischen Standpunktes.
Doris Hahlweg geht aber noch einen Schritt weiter. Indem sie Aluminiumplatten, biegsam wie Wellpappe, als Installation in den Raum stellt, erobern ihre abstrakten Farbflächen den Ausstellungsraum. Gebogen, aneinander gelehnt und aufgefächert in einer fragilen Statik klingen diese Raum gewordenen Bildschichten wie ein Echo der Wandbilder. Monochromer als diese und sperriger im Zugang strecken sie sich dem Betrachter entgegen, als wollten sie uns einen Blick hinter die Kulissen von Doris Hahlwegs Schaffensprozess erlauben. Backstage erleben wir: „The making of art“. Gleichwohl schaffen sie als eigenständige Bildinstallationen einen Spannungsbogen zu den Wandbildern. Als einzelne Platte entsprechen sie in ihrer oft monochromen Anmutung einer Farbfläche eines Wandbildes. Zusammen als Bildinstallation entsteht eine klare und doch poetische Phrasierung als Raumbild.
Obwohl Doris Hahlwegs Bilder einen klaren Stil mit einem fast schon strengen malerischen Duktus zeigen, habe ich das Gefühl, dass sich die Malerin mit dieser konzentrierten und konsequenten Haltung nie wiederholt. Die Bilder haben nichts Serielles. Die künstlerischen Fragen mögen immer ähnliche sein, aber die malerischen Antworten sind bei Doris Hahlwegs Kunst mit jedem Bild neu.
Die Malerin arbeitet oft über Jahre an einzelnen Bildern, bis sie fertig sind. Sie arbeitet beharrlich und beständig an diesen Bildern, wobei sie mit jedem ein Wagnis eingeht. Durch diesen Wagemut und den Verzicht auf die große Geste gewinnen diese Bilder an geistiger Tiefe. Nur mit dieser Ernsthaftigkeit im Arbeitsprozess entwickeln sie ihre scheinbar beiläufige Leichtigkeit.
Diese Leichtigkeit bleibt beim Betrachten von Doris Hahlwegs Bildern nachhaltig im Gedächtnis. Es gibt Ausstellungen, die man erleichtert hinter sich lässt, nach der Beschäftigung mit Doris Hahlwegs Kunst geht man inspiriert und gestärkt seiner Wege.

Thomas Witzke
Soubès im Juni 2011